NORA-Systems
Aktion für gekündigten Betriebsrat
Von unserem Redaktionsmitglied Michael Roth
ARBEITNEHMER: Gewerkschafter protestieren bei nora systems
MANNHEIM/WEINHEIM. Mit einer Flugblattaktion haben Gewerkschafter von IG BCE, IG Metall und verd.di gestern früh um kurz vor sechs vor dem Werkstor der nora systems in Weinheim gegen die fristlose Entlassung des Betriebsratsmitglieds Helmut Schmitt protestiert. Rund 1500 Flugblätter, eines liegt dieser Zeitung vor, wurden an Mitarbeiter von nora und benachbarten Tochtergesellschaften von Freudenberg verteilt. Nora (ehemals Freudenberg Bausysteme) wurde 2007 von Freudenberg an Finanzinvestoren verkauft. Nun steht nora, wie berichtet, wieder zum Verkauf.
Die Betriebsratsmehrheit von nora hatte den langährigen Arbeitnehmervertreter Schmitt auf einer außerordentlichen Sitzung am 29. Juni, einem Freitag, aus dem Gremium ausgeschlossen. Er habe die Arbeit im Betriebsrat „auf breiter Front boykottiert” und versucht, durch „gezielte Angriffe und Falschinformationen” das Ansehen des Betriebsrats zu beschädigen. „Als Schmitt nach dem letzten Tarifabschluss unserem Betriebsratsvorsitzenden Bestechlichkeit vorgeworfen hat, mussten wir handeln”, heißt es in einer „BR-Info”.
Meiste Stimmen bei Wahl
Am Montag (2. Juli) nach dem Ausschluss aus dem Betriebsrat wurde dem 59 Jahre alten Schmitt von der nora-Geschäftsleitung fristlos gekündigt. Schmitt soll angeblich Unwahrheiten verbreitet und den Betriebsfrieden massiv gestört haben. Der Betriebsrat stimmte der Kündigung Schmitts - der übrigens bei der letzten Betriebsratswahl 2010 die meisten Stimmen erhielt - zu.
Solidarität mit Helmut Schmitt!
Im Jahr 2007 sollte die damalige Freudenberg Bausysteme KG (heute: nora systems GmbH) an einen Konkurrenten verkauft werden. Dies hätte unweigerlich Arbeitsplätze gekostet. Mit massiven Protesten und Torblockaden gelang es der Belegschaft, dies zu verhindern.
Seit 2008 sind deshalb die Finanzinvestoren Capiton und L-EA Eigentümer von nora systems. Vor kurzem wurde offiziell verkündet, dass nora systems noch in diesem Jahr wieder verkauft werden soll.
Ist es ein Zufall, dass am 02. Juli 2012 die Geschäftsleitung dem Betriebsratsmitglied Helmut Schmitt fristlos gekündigt hat? Und welche Rolle spielt hierbei die Betriebsratsmehrheit? Sie hat am 29. Juni 2012 Helmut aus dem Betriebsrat ausgeschlossen. Am 02. Juli hat sie dann seiner Kündigung ausdrücklich zugestimmt.
Dadurch soll Helmut kaltgestellt werden. Er ist das Betriebsratsmitglied, das die größte Unterstützung in der Belegschaft hat. Helmut hat im Widerstand von 2007 eine entscheidende Rolle gespielt. 2012 will die Geschäftsleitung dies gemeinsam mit der Betriebsratsmehrheit um jeden Preis verhindern.
Die Machenschaften von Geschäftsleitung und Betriebsratsmehrheit gegen Helmut lassen Schlimmes für die Belegschaft befürchten. Sind beim geplanten Verkauf Arbeitsplatzabbau und Lohnkürzungen für die Belegschaft bereits einkalkuliert? Fürchten die Herrschaften, dass sich dagegen erneut berechtigter Widerstand der KollegInnen entwickelt?
Die „Begründungen“ für das Mobbing gegen Helmut sind rechtlich nicht haltbar. Geschäftsleitung und Betriebsratsmehrheit müssen damit rechnen, dass sowohl Kündigung als auch Ausschluss aus dem Betriebsrat vom Arbeitsgericht kassiert werden. Trotzdem wird das Ganze durchgezogen, koste es, was es wolle.
Da kommt zwangsläufig ein Verdacht auf. Die Investoren wollen die Kündigung von Helmut nutzen, um zwischenzeitlich den Verkauf ungestört auf dem Rücken der Belegschaft durchführen zu können. Die Belegschaft von nora systems ist gut beraten, sich dagegen erneut entschlossen zur Wehr zu setzen!
Von Geschäftsleitung und Betriebsratsmehrheit fordern wir die Rücknahme des Ausschlussverfahrens und der fristlosen Kündigung von Helmut!
Verraten und verkauft? Nicht mit uns!
Komitee „Solidarität mit Helmut Schmitt!“
E-Mail:
Bodenbeläge: Ehemalige Freudenberg-Tochter bekommt neue Eigentümer / DGB fürchtet um Jobs / Betriebsrat fristlos gekündigt
Weinheimer nora vor erneutem Verkauf
Von unserem Redaktionsmitglied Michael Roth
MANNHEIM. Der Bodenbelaghersteller nora systems, nach Freudenberg der zweitgrößte Arbeitgeber in Weinheim, soll neue Eigentümer bekommen. "Die Anteilseigner prüfen zur Zeit strategische Verkaufsoptionen", sagte ein Sprecher auf Anfrage. Über einen Zeitplan wollte er keine Auskunft geben. Dem Vernehmen nach soll der Prozess aber noch in einem frühen Stadium sein.
Nora gehört den Finanzinvestoren Capiton und L-Eigenkapitalagentur. Eigner der Agentur ist die L-Bank, deren Eigentümer wiederum das Land Baden-Württemberg ist. Das Weinheimer Unternehmen wurde vor fünf Jahren von Freudenberg an die beiden Investoren verkauft. Ein Weiterverkauf durch Finanzinvestoren nach einigen Jahren sei ein völlig normaler Prozess, sagte der Sprecher.
Heute hat nora weltweit 1100 Mitarbeiter, davon rund 900 in Weinheim. Im vergangenen Jahr wurde ein Umsatz von 196,7 Millionen Euro erzielt, die Ertragslage bezeichnete der Sprecher als "sehr gut". Zu Investitionen am Standort Weinheim machte er keine Angaben. Aus anderen Quellen wird die Zahl 50 Millionen Euro an Investitionen genannt.
An
Firma nora systems GmbH
Höhner Weg 2-4
69465 Weinheim
Per Fax 06201/883019
An die Geschäftsleitung!
Betriebsrat und IG Metall-Vertrauenskörperleitung von Alstom Mannheim protestieren gegen Ihr schäbiges und menschenverachtendes Vorgehen gegen das Betriebsratsmitglied Helmut Schmitt. Das Niveau ihres grundgesetzwidrigen Verhaltens wird durch die Instrumentalisierung der Mehrheit des Nora-„Betriebsrats” für Ihre Machenschaften unterstrichen.
Sie dokumentieren damit auch in der Öffentlichkeit, wie ernst Sie Ihre eigenen „Unternehmenswerte” nehmen: „Unser täglicher Umgang miteinander ist geprägt von gegenseitiger Achtung und Respekt, sowohl intern als auch gegenüber unseren externen Partnern und Kunden... Ob ökonomisch, ökologisch oder sozial, über allem steht ganzheitliches und in die Zukunft gerichtetes Denken. Verantwortung ist für uns daher nicht nur ein Wort, es ist unser Leitmotiv und umfasst... Pflichtbewusstsein gegenüber unseren Mitarbeitern” (www.nora.com).
Wir fordern Sie auf, die Kündigung unseres Kollegen Helmut Schmitt umgehend zurückzunehmen! Wir versichern Ihnen, dass wir Ihre Machenschaften weiter verfolgen und die Öffentlichkeit über die Vorgänge bei nora systems informieren werden.
BR Alstom Mannheim IGM-Vertrauenskörperleitung
An
Betriebsrat der Firma nora systems GmbH
Höhner Weg 2-4
69465 Weinheim
Per Fax 06201/884458
An den Betriebsrat!
Betriebsrat und IG Metall-Vertrauenskörperleitung von Alstom Mannheim protestieren entschieden dagegen, dass die „Betriebsrats-Mehrheit“ von nora systems Hand in Hand mit ihrer Geschäftsleitung versucht, die Existenz des Betriebsratsmitglieds Helmut Schmitt zu vernichten. Helmut ist nicht nur ein aktiver, aufrechter und integrer Gewerkschafter, sondern - wie zuletzt die BR-Wahlen 2010 bestätigt haben - das in der nora systems-Belegschaft am meisten geschätzte Betriebsratsmitglied.
Die Aufgabe eines Betriebsrats ist es, konsequent die Interessen der Belegschaft zu vertreten und die Einhaltung von Gesetzen, Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen zum Wohle der Beschäftigten zu überwachen. Es ist nicht Aufgabe eines Betriebsrats, kritische BR-Mitglieder zu mobben und die Arbeit einer Geschäftsleitung zu tun, die sich außerhalb demokratischer Gesetze bewegt.
Wir hoffen sehr, dass die vom Freudenberg-Betriebsrat FST angekündigten Anträge zum Gewerkschaftsausschluss von Baumann und Petryk, den Wortführern der „Betriebsrats-Mehrheit“ bei nora systems, erfolgreich sind.
Wir hoffen zudem, dass die Belegschaft von nora systems die notwendigen Schlüsse zieht, und sich von dieser Art von „Betriebsrats-Mehrheit“ befreit
Wir fordern die sofortige Rücknahme der Kündigung und des Ausschlusses unseres Kollegen Helmut Schmitt aus dem Betriebsrat! Wir versichern Ihnen, dass wir Ihr Treiben weiter verfolgen und die Solidarität mit Helmut Schmitt nach Kräften unterstützen werden.
(BR Alstom Mannheim) (IGM-Vertrauenskörperleitung)
Personalie: Mehr als 14 Jahre stand Peter Bettermann an der Spitze des Mischkonzerns – heute ist sein letzter Arbeitstag
Freudenberg konsequent umgebaut
Von Michael Roth und Carsten Propp
WEINHEIM. Wenn sich morgen Gesellschafter von Freudenberg zu ihrer alljährlichen Versammlung treffen (320 sind eingeladen), wird es jede Menge Beifall, Lob und warme Worte für Peter Bettermann geben, den Mann, der ihr Unternehmen von 1997 bis heute führte.
Click here to find out more!
Für den Dank der Eigentümer gibt es allen Grund. Freudenberg, in der Öffentlichkeit vor allem durch die Marke Vileda bekannt, wurde in der Ära Bettermann größer und ertragstärker. Die Zahl der Mitarbeiter am Stammsitz Weinheim hingegen ging zurück. Allerdings muss hierbei berücksichtigt werden, dass viele Beschäftigte der von Freudenberg verkauften Bereiche nach wie vor am Standort Weinheim einen Arbeitsplatz haben, nur eben bei einem neuen Arbeitgeber und nicht mehr bei Freudenberg.
Rechnet man diese in die Job-Bilanz mit ein, fielen bei Freudenberg in der Bettermann-Ära vergleichsweise weniger Jobs (prozentual gerechnet) weg als etwa bei Mercedes-Benz in Mannheim oder der BASF in Ludwigshafen. Ohne besagte Jobs ist der Abbau bei Freudenberg vergleichbar dem bei der BASF.
Nur gut für das Konzernergebnis
Das Verhältnis des Freudenberg-Chefs zu den Arbeitnehmervertretern hat sich im Lauf der Jahre gebessert. Bettermanns Amtszeit sei durch die Dezentralisierung des Unternehmens und die Erschließung neuer Märkte geprägt gewesen, erklärte Bernd Egner, Vorsitzender des deutschen Konzernbetriebsrates und Mitglied des Euro-Betriebsrates von Freudenberg, gegenüber dieser Zeitung: "Das war zwar gut fürs Konzernergebnis, aber nicht unbedingt für die Mitarbeiter."