.

Prozess: Klage gegen Rhenus vor dem Arbeitsgericht Mannheim

Betriebsrat beklagt sich über Mobbing

Von unserem Redaktionsmitglied Barbara Klauß

Mannheim. Die Wut ist deutlich zu spüren. „Es ist ein Skandal, wie mit den Leuten umgegangen wird”, sagt eine Frau im Zuschauerraum. „Sie sollten sich mal Gedanken über Mobbing machen”, ruft ein Mann Richtung Anklagebank. Beklagte in dem Verfahren, das an diesem Tag vor dem Mannheimer Arbeitsgericht verhandelt wird, ist Rhenus Logistics. Kläger ist ein Betriebsrat des Mannheimer Logistik-Unternehmens. Er möchte den Angaben seines Rechtsanwalts Michael Weber zufolge in diesem Verfahren klären, ob seine Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz rechtmäßig war, und welcher Arbeitsplatz ihm künftig zusteht.

Seit Jahren liegt Rhenus mit dem Betriebsrat im Clinch. In sechs Prozessen habe man sich bereits gegenüber gestanden, erklärt der Rechtsanwalt. Zwei Mal sei seinem Mandanten schon gekündigt worden. Beide Male habe er dagegen geklagt, beide Male Recht bekommen.

Zuletzt ging es um Ereignisse aus dem Jahr 2010: Damals hatte Rhenus dem Kommissionierer und Lagerarbeiter einen neuen Arbeitsplatz zugeteilt, an dem er seiner Aussage nach nur noch Kartons falten durfte. Als üblich und durchaus verantwortungsvoll beschreibt der Arbeitgeber-Anwalt die derzeitige Aufgabe des Betriebsrates. Von mehreren verschiedenen Kartons und von geschickter Falttechnik ist die Rede, außerdem von verschiedenen Styropor-Teilen, die eingesetzt werden müssten. Von einer sinntötenden Tätigkeit und einer Behandlung, die man nur als Mobbing bezeichnen könne, spricht der Kläger-Anwalt. Die Zuschauer applaudieren.

Nach vier Monaten verweigerte der Kläger die Arbeit und bekam die Kündigung. Die erklärte das Landesarbeitsgericht Mannheim im Dezember 2011 schließlich für unwirksam. An seinen alten Arbeitsplatz durfte der Mann aber dennoch nicht zurückkehren.

„Isoliert in kalter, zugiger Ecke”

Tag für Tag arbeite der Kläger alleine in einer kalten, zugigen Ecke, wie ein Mann erzählt. Er ist einer der rund 15 Gäste, die ins Arbeitsgericht gekommen sind, um sich mit dem Kläger solidarisch zu zeigen. Unter ihnen auch Betriebsräte anderer Unternehmen aus der Region. Der Kläger selbst erscheint an diesem Tag nicht im Sitzungssaal. Er sei krankgeschrieben – wegen Mobbings, meint der Kollege.

Die Menschen im Zuschauerraum sind sich einig. Rhesus überziehe den Mann mit haltlosen Abmahnungen und Kündigungen, um einen kritischen, unbequemen Betriebsrat loszuwerden, wie ein weiterer Arbeitnehmervertreter nach der Verhandlung sagt. Der anwesende Rhenus-Geschäftsführer will sich an diesem Tag nicht öffentlich zu den Vorwürfen äußern. Vor Gericht aber beantragt der Anwalt des Unternehmens, die Klage abzuweisen.

„Er ist dazu nicht in der Lage”

Neun Jahre lang habe sein Mandant bei Rhenus kommissioniert, also bestimmte Artikel aus einem Sortiment dem jeweiligen Auftrag entsprechend zusammengestellt, so Rechtsanwalt Weber - und dabei auch verschiedene Stapler bedient. Warum der Mann nun also nicht wieder als Staplerfahrer arbeiten könne, will der Vorsitzende Richter Daniel Obst wissen. Nach Auffassung der Geschäftsleitung sei der Kläger nicht in der Lage, solche Geräte zu bedienen, antwortet der Anwalt des Unternehmens. „Wenn er damit eine schwere Last aus zehn Metern Höhe holt, kann er sich und andere verletzen.” Die Zuschauer lachen höhnisch.

Als Beruf stehe Staplerfahrer ohnehin nicht im Arbeitsvertrag, stellt der Richter schließlich fest. Diese Tätigkeit könne der Kläger also wohl auch nicht verlangen. Eine Art Gewohnheitsrecht gebe es hier nicht. Eingestellt worden sei der Kläger als Lagerarbeiter und Kommissionierer. Die grundsätzliche Frage laute also: „Ist das Falten von Kartons mit dem Tätigkeitsbereich eines Lagerarbeiters vereinbar?” Nur falls das nicht der Fall sei, wäre die neue Tätigkeit diskriminierend für den Kläger, so der Richter. Nur dann sei der Arbeitsplatz-Wechsel als willkürlich und nicht zumutbar zu werten.

Die Klärung dieser Frage hätten die Richter in allen bisherigen Entscheidungen umgangen und sich lediglich auf formale Dinge berufen, meint der Vorsitzende. Nun müsse - eventuell am nächsten Verhandlungstag – endlich eine Entscheidung her. Sonst fände diese Geschichte nie ein Ende.

© Mannheimer Morgen, Mittwoch, 26. 4. 2013