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Pressemitteilung TET

1. Technoform aus Kassel plant Fusion zweier Unternehmenstöchter
2. Fachanwalt für Arbeitsrecht spricht von „Krieg gegen den Betriebsrat”
3. Solidaritätskreis gegründet

 


Kassel, 16.9.2016

1. Technoform aus Kassel plant Fusion zweier Unternehmenstöchter

Das Kasseler Unternehmen TET (Technoform Extrusion Tooling) GmbH steht kurz davor, in die Bautec GmbH der Unternehmensmutter integriert zu werden. Während die Geschäftsleitung der TET diesen Schritt mit Synergieeffekten begründet, befürchten Betriebsrat und gewerkschaftliche Vertrauenskörper, dass es darum geht, schlechtere Arbeitsbedingungen durchzusetzen und gleichzeitig einen kritischen Betriebsrat loszuwerden. Die Fusion soll nach Planung des Unternehmens am 10. Oktober vollzogen werden.

„Der Kasseler TET-Betriebsrat gehört zu den aktivsten und konsequentesten Betriebsräten, die ich als Arbeitsrechtler kennengelernt habe. Es verwundert deshalb auch nicht, dass der wesentliche Punkt der jetzt forcierten ‚Unternehmensverschmelzung‘ die Entmachtung des Betriebsrats zu sein scheint,” so der Hamburger Arbeitsrechtler und Anwalt des TET-Betriebsrates Dr. Rolf Geffken. Demnach ließ TET verkünden, dass mit dem Datum der Verschmelzung das Amt des Betriebsrates erlösche und auch keine Neuwahl ‚notwendig’ sei. Für das Verhalten von Technoform findet RA Geffken deutliche Worte: „Das ist mehr als bloßes Betriebsrats-Mobbing. Das ist Krieg gegen einen Betriebsrat.”

Bei einem Übergang in die Bautec GmbH würde die TET GmbH ihre Eigenständigkeit verlieren. Die Beschäftigten befürchten, dass mit der Fusion die Arbeitsbedingungen der TET-Belegschaft den schlechteren Bedingungen der Bautec-Belegschaft angepasst werden sollen. Zudem deutet vieles darauf hin, dass der TET-Betriebsrat sein Mandat verlieren würde.  Bereits jetzt wurde der Bautec Betriebsrat von der Geschäftsleitung aufgefordert, neue Betriebsvereinbarungen zu Arbeitszeit für die dann fusionierte Belegschaft auszuhandeln.

„Während die Technoform Group gute Gewinne einfährt und ein Weltmarktführer der Branche ist, will das Unternehmen weit mehr als bisher in die Arbeits- und damit Lebenszeit der Kolleginnen und Kollegen eingreifen. Es deutet sich an, dass die Firma dafür einen Betriebsrat benutzen will, der von der TET-Belegschaft nicht gewählt wurde”, so Violetta Bock vom sich neu gegründeten Solidaritätskreis Technoform/TET.

„Vom so genannten ‚Union Busting‘ – das systematische Be- und Verhindern von Arbeitnehmervertretungen – sind immer wieder ganze Belegschaften und Arbeitnehmervertretungen betroffen”, sagt Dr. Thomas Goes, Arbeitssoziologe am Soziologischen Forschungsinstitut (SOFI) Göttingen. „Mittlerweile scheint auch in Deutschland eine unternehmensnahe Beraterszene entstanden zu sein, die sich auf die Zerstörung von demokratischer Mitbestimmung spezialisiert hat,” so Goes weiter. Ein typisches Instrument dieses Ziel zu erreichen, sei ein Wechsel der Eigentumsformen innerhalb einer Unternehmensgruppe. Davon habe auch die Technoform Group Gebrauch gemacht. Selten aber stünden Unternehmen einem so hartnäckig arbeitenden Betriebsrat gegenüber wie im Falle von der Technoform Extrusion Tooling GmbH, so Goes weiter.

Damit die Fusion nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird, hat sich zur Unterstützung der Belegschaft ein Solidaritätskreis gebildet. Der Betriebsrat prüft zudem gerichtliche Schritte.

Für Nachfragen:
Dr. Rolf Geffken, Fachanwalt Arbeitsrecht/ Institut für Arbeit: 0172-7418179
Violetta Bock,  Solidaritätskreis Technoform/TET: 0171-7256110
Dr. Thomas Goes, Soziologisches Forschungsinstitut (SOFI): Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.


2. Fusion von zwei Firmen führt zur Auflösung des Betriebsrats

HNA vom 25.09.2016

Kassel. Die Technoform-Gruppe in Kassel baut um und hat sich mit ihren Plänen Ärger mit einem ihrer Betriebsräte eingehandelt.

Hintergrund ist die für Oktober geplante Verschmelzung der bislang operativ eigenständigen Technoform Extrusion Tooling GmbH (TET) in Kassel auf die nach Mitarbeiterzahlen dreieinhalb Mal so große Fuldabrücker Technoform Bautec GmbH.

Die Übernahme eines Betriebs durch ein verschwistertes Unternehmens ist nichts Ungewöhnliches. Wäre da nicht der Vorwurf des TET-Betriebsrats, bei der Verschmelzung gehe es auch darum, sich eines unbequemen Betriebsrats entledigen zu wollen. Denn mit der Übernahme erlischt das Mandat der Arbeitnehmervertretung des übernommenen Betriebs - und die gilt bei TET als kämpferisch. Deren stellvertretender Vorsitzender, Andreas Schrage, sieht in Auflösung des Betriebsrats „zumindest einen gewollten Nebeneffekt” aus der Fusion.

Der Hamburger Anwalt des TET-Betriebsrats, Dr. Rolf Geffken, geht da einen großen Schritt weiter und wirft dem Management vor, „dass der wesentliche Punkt der Fusion die Entmachtung des Betriebsrats zu sein scheint”. Das sei „Krieg gegen einen Betriebsrat”, schreibt er und verweist auf die schlechteren Arbeitsbedingungen bei Bautec.

Gemeint ist der ungeliebte Dreischichtbetrieb, der künftig auch für einen Teil des TET-Personals gelten soll. Violetta Bock von den Kasseler Linken bläst ins selbe Horn: Technoform wolle künftig stärker in die Arbeits- und Lebenszeit der Beschäftigten eingreifen und sich dabei eines Betriebsrats bedienen, der nicht von TET-Mitarbeiter gewählt wurde.

Sowohl das Bautec- als auch das TET-Management weisen den Vorwurf, sie strebten die Entmachtung eines kritischen Betriebsrats an, entschieden zurück. „Uns geht es nur um eine bessere Abstimmung zwischen der Produktion und dem Werkzeugbau”, sagte TET-Geschäftsführer Dr. Thorsten Siodla im Gespräch mit der HNA. Dadurch könnten kostspielige Schnittstellenfehler reduziert werden. Das sei angesichts einer neuen Produktionstechnologie zur Herstellung hochisolierter Kunststoffprofile für Fenster und Türen umso wichtiger. Einen Stellenabbau werde es nicht geben. Alle Besitzstände und Anwartschaften würden übernommen. TET baut mit 70 Beschäftigten komplexe Werkzeuge für die produzierende Schwester Bautec sowie andere Technoform-Betriebe. Bautec ist mit 240 Beschäftigten an seinen Standorten in Fuldabrück und Oberzwehren größter TET-Kunde.

Auch Bautec-Prokuristin, Hellena Kreuter verweist auf die Notwendigkeit einer engeren Verzahnung von Produktion und Werkzeugbau. „Das muss wirklich sein. Die Abschaffung des Betriebsrats hat bei unseren Überlegungen keine Rolle gespielt”, sagte sie.

Und Siodla betonte auch, dass die Geschäftsleitung mit Blick auf die geforderte Neuwahl eines gemeinsamen Betriebsrats der falsche Ansprechpartner sei. „Darauf dürfen und wollen wir keinen Einfluss nehmen. Das ist Sache der Mitarbeiter.” Das sagt Stefan Diegler, Betriebsratschef bei Technoform Bautec

„Wir befinden und in einer schwierigen Situation und müssen aufpassen, dass wir die Firma nicht unnötig schlechtreden und ihr damit schaden. Derzeit prüfen wir, ob wir den alten Betriebsrat auflösen und einen neuen wählen oder die reguläre Betriebsratswahl 2018 abwarten. Aber wir werden nichts übers Knie brechen”. Das sagt Petra Hartwig von der Gewerkschaft IG BCE

„Es scheint im Ergebnis tatsächlich so zu sein, dass ein unbequemer Betriebsrat aufgelöst werden soll. Die rechtliche Prüfung läuft aber noch. Eine endgültige Bewertung steht noch aus”.

Hintergrund

Die Technoform-Gruppe ist ein Verbund eigenständig agierender Unternehmen unter dem Dach der Holding Technoform Caprano + Brunnhofer GmbH. Sie wurde 1969 von den Unternehmern Karl-Hans Caprano und Erwin Brunnhofer gegründet. Die Anteile halten bis heute beide Familien. Andreas Caprano führt die Gruppe in zweiter Generation.

Sie beschäftigt an weltweit 40 Produktions- und Vertriebststandorten rund 1200 Mitarbeiter, davon etwa knapp 500 in Kassel, Fuldabrück und Lohfelden. Die Bautec-Sparte ist die größte und im Bereich der Fensterprofile Weltmarktführer. Die Sparte Technoform Glas Insulation produziert Abstandshalter, die zwischen den Scheiben von Kunststoff, Holz- und Alufenstern liegen. Die Technoform Kunststoffprofile stellt spezielle Produkte für Auto- und Maschinenbauer sowie Elektro- und Medizintechnikindustrie her. 2014 setzte die Gruppe 245,3 Millionen Euro um und erzielte einen Gewinn von knapp 11,2 Mio. Euro.


3. Krieg gegen Betriebsrat

jw vom 19. 9. 2016, Seite 5 / Inland

Union Busting in Kassel: Kunststoffproduzent will Beschäftigtenvertretung zerschlagen

Von Johannes Schulten

Es kling nach einer normalen Unternehmensfusion. Der Kasseler Werkzeugbauer Technoform Extrusion Tooling GmbH (TET) soll zum 10. Oktober in das Schwesterunternehmen, die Technoform Bautec Kunststoffprodukte GmbH, integriert werden. So will es die Muttergesellschaft beider Unternehmen, die Technoform-Gruppe, ein inhabergeführter, weltweit sehr erfolgreicher hessischer Mittelständler, der sich auf die Herstellung von Isolierprofilen aus Polyamid für Fenster und Türen spezialisiert hat. Ziel sei es, Abläufe zu optimieren. Arbeitsplätze seien nicht in Gefahr.

Bei den 70 TET-Beschäftigten hat die Ankündigung trotzdem Angst und Wut ausgelöst. Denn sie vermuten, dass die Verschmelzung in erster Linie genutzt werden soll, den kritischen TET-Betriebsrat loszuwerden und von der Belegschaft erkämpfte Verbesserungen der Arbeitsbedingungen rückgängig zu machen. »Gewerkschaftlich aktive Beschäftigte und Betriebsrat haben über Jahre gute Arbeit geleistet und viele Erfolge erzielt«, sagte ein TET-Beschäftigter am Freitag gegenüber jW. Aus Angst vor Konsequenzen möchte er seinen Namen nicht in der Zeitung lesen: »Aus unserer Sicht ist die Verschmelzung ein klarer Versuch, diese Strukturen zu zerschlagen.«

Eine Befürchtung, die die Unternehmensführung indirekt gegenüber jW bestätigte. Für den TET-Betriebsrat gebe es keine Zukunft, heißt es auf Anfrage. »Der Betriebsrat der Technoform Bautec Kunststoffprodukte GmbH wird zukünftig auch die Interessen der Mitarbeiter der Technoform Extrusion Tooling GmbH wirksam vertreten«, teilte Technoform am Freitag mit. Der Bautec-Betriebsrat gilt als unternehmensnah.

Tatsächlich steht für die TET-Belegschaft einiges auf dem Spiel: Die Arbeitsbedingungen in der gesamten Technoform-Gruppe sind auf permanente Kosteneinsparungen ausgerichtet. Von den Beschäftigten wird ein hohes Maß an zeitlicher Flexibilität erwartet. Jeder ist für seine Arbeit selbst verantwortlich. Wer nicht fertig wird, muss Überstunden machen. Den TET-Beschäftigten ist es in der Vergangenheit immer wieder gelungen, dem enormen Leistungsdruck Grenzen zu setzen. Häufig in harten Auseinandersetzungen mit dem Management. In Betriebsvereinbarungen konnten etwa die Vertrauensarbeitszeit begrenzt und Zuschläge für Samstagsarbeit herausgehandelt werden. Die Belegschaft hat den mit Abstand höchsten Organisationsgrad in der Technoform-Gruppe und genießt dort den Ruf eines »gallischen Dorfes«.

Diese Erfolge stehen nun zur Disposition. Aus Belegschaftskreisen heißt es, die Geschäftsleitung habe bereits den Betriebsrat der Bautec GmbH aufgefordert, eine neue Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit auszuhandeln. Für den Hamburger Arbeitsrechtler und Anwalt des TET-Betriebsrats, Rolf Geffken, führt Technoform einen »Krieg gegen einen Betriebsrat«: »Der Kasseler TET-Betriebsrat gehört zu den aktivsten und konsequentesten Betriebsräten, die ich als Arbeitsrechtler kennengelernt habe.« Die Verschmelzung der beiden Firmen ziehe klar darauf ab, »den Betriebsrat zu entmachten«, so Geffken weiter. Juristisch gegen diese Entmachtung vorzugehen, dürfte allerdings schwer werden. Bei einer Verschmelzung geht ein Unternehmen in ein anderes über, es wird praktisch aufgelöst. Auch Institutionen wie der Betriebsrat seien von der Auflösung betroffen, so Geffken.

Die Beschäftigen jedenfalls wollen diesen Angriff nicht hinnehmen. Für die nächsten Tage sind Gespräche mit der betreuenden Gewerkschaft IG BCE geplant. Der Betriebsrat prüft rechtliche Schritte und will eine Neuwahl durchsetzen.