DGB greift nora-Betriebsräte scharf an
Von unserem Redaktionsmitglied Michael Roth
ARBEITNEHMER: Gewerkschaftsbund unterstützt Forderung nach Rücktritt der Arbeitnehmervertretung und Neuwahlen
WEINHEIM. Der Weinheimer Ortsverband des Deutschen Gewerkschaftsbundes unterstützt die Forderung nach einem Rücktritt des amtierenden Betriebsrats sowie einer Neuwahl der Arbeitnehmervertretung beim Bodenbelaghersteller nora systems. Die Rücktrittsforderung kommt nach Gewerkschaftsangaben aus der Belegschaft. Nora ist nach Freudenberg mit rund 900 Beschäftigten der zweitgrößte Arbeitgeber in Weinheim.
Hintergrund ist der Ausschluss und die Kündigung des langjährigen nora-Arbeitnehmervertreters Helmut Schmitt. Der nora-Betriebsrat hatte Schmitt nach diversen Streitigkeiten ausgeschlossen, kurz darauf erhielt Schmitt die Kündigung von der nora-Geschäftsleitung (wir berichteten).
Der DGB hat sich nun hinter Schmitt gestellt. "Für den Deutschen Gewerkschaftsbund ist die Lage offensichtlich." Während Helmut Schmitt bekanntermaßen stets aufseiten der Belegschaft stehe, fälle die Betriebsratsmehrheit Entscheidungen, die offenkundig mit der Vertretung von Arbeitnehmerinteressen nicht vereinbar seien, heißt es in der Mitteilung von gestern weiter. Nur durch Rücktritt des amtierenden Betriebsrats und Neuwahlen könne das Vertrauen zwischen Belegschaft und Betriebsrat wieder hergestellt werden.
Der nora-Betriebsratsvorsitzende war gestern telefonisch nicht erreichbar. Bei früherer Gelegenheit wies der Betriebsrat die Vorwürfe zurück. Schmitt habe Gesprächsangebot ausgeschlagen, eine destruktive Haltung gezeigt, versucht das Ansehen des Betriebsrats zu beschädigen, die Arbeit im Gremium boykottiert, Beschlüsse abgelehnt und Verhandlungen verschleppt. Auch von Indiskretionen war die Rede.
Die Weinheimer DGB-Vorsitzende Maria-Luise Weiß sieht einen Zusammenhang zwischen dem geplanten nora-Verkauf und der Trennung von Schmitt. Als nora (die frühere Freudenberg Bausysteme) vor fünf Jahren zum Verkauf stand, sei es unter anderem Schmitt zu verdanken gewesen, dass zwei Finanzinvestoren (Capiton, L-Bank) und kein Wettbewerber zum Zuge kamen. Nun steht nora wieder zum Verkauf. "Es sieht ganz danach aus, dass hier ein kritisches Betriebsratsmitglied kaltgestellt werden soll, um ungestört den Verkauf durchziehen zu können", wird Weiß zitiert. Der DGB fordere die Geschäftsleitung auf, die Kündigung zurückzuziehen.
Eine Firmensprecherin hatte vor kurzem gesagt, dass die Kündigung in keinem Zusammenhang mit dem geplanten Verkauf stehe.
Mannheimer Morgen, Dienstag, 24.07.2012