Harte Fronten nach Rauswurf von Betriebsrat
Von unserem Redaktionsmitglied Matthias Kros
Arbeitsrecht: Gütetermin im Streit bei nora ohne Ergebnis
Mannheim. Keine Bewegung im Streit um die fristlose Kündigung des Betriebsrats Helmut Schmidt beim Weinheimer Bodenbelaghersteller nora systems. Der gestrige Gütetermin vor dem Mannheimer Landgericht brachte trotz eindringlicher Mahnungen von Richter Wolfgang Gruber keine Annäherung. Mitte November wird es deshalb zu einer Anhörung kommen.
In dem Streitfall geht es um den Ausschluss von Schmidt aus dem nora-Betriebsrat sowie seine anschließende Entlassung, der der Betriebsrat zugestimmt hat. Mit beidem muss sich nun das Gericht beschäftigen. „Ein schwieriger Fall”, wie Gruber meint, der Ausgang sei „relativ offen”. Er ließ darüber hinaus durchblicken, dass vor allem Schmidts Ausschluss aus dem Betriebsrat im Fokus der Verhandlung stehen dürfte. „So etwas kommt in Deutschland höchst selten vor.”
Der gestrige Gütetermin war von Solidaritätsbekundungen für Schmidt begleitet; rund 150 Zuschauer unterbrachen die Verhandlungen immer wieder mit hämischem Gelächter, Applaus oder Zwischenrufen. Für längst nicht jeden von ihnen fand sich überhaupt ein Platz im Sitzungssaal.
„Vertrauen nachhaltig zerrüttet”
Das Unternehmen wirft Schmidt unter anderem vor, den Betriebsfrieden gestört, Persönlichkeitsrechte verletzt und gegen die Pflicht zur Geheimhaltung verstoßen zu haben, wie Rechtsanwältin Christina Hünlein ausführte. „Das Vertrauen zwischen dem Unternehmen und Schmidt ist nachhaltig zerrüttet”. Der langjährige Arbeitnehmervertreter soll die Arbeit im Betriebsrat torpediert und dem Vorsitzenden des Gremiums im Rahmen von Schlichtungsgesprächen Bestechlichkeit vorgeworfen haben. Das soll zu chaotischen Zuständen geführt haben; Betriebsräten sollen sogar Schläge angedroht worden sein.
Schmidts Anwalt Hilmar Hoppe wies die Vorwürfe zurück: „Da ist substanziell nichts dran”, sagte er. „Das sind alles Seifenblasen, die irgendwann platzen werden”. Stattdessen warf er dem Unternehmen vor, Schmidts „Betriebsratsarbeit unmöglich zu machen und ihn seiner beruflichen Existenz berauben zu wollen”.
Nach der rund 90-minütigen Verhandlung appellierte Richter Gruber nachdrücklich, „einen Weg zu finden, um aus der Sackgasse zu kommen”. Dafür müssten „persönliche Konflikte erst einmal zurückstehen”. Andernfalls drohe eine noch tiefere Zerrüttung im Betriebsrat als heute schon. Er sagte an die Adresse von Schmidts Anwalt aber auch, dass er den Fall nicht als „einseitiges Kesseltreiben” ansehe. An seine Theorie mit den Seifenblasen glaube er nicht. „Nehmen Sie die Vorwürfe nicht zu leicht”.
Immerhin war es Hoppe, der schließlich einen Vorschlag zur Güte unterbreitete. Wenn Schmidts Kündigung zurückgenommen werde, könne der Betriebsrat zurücktreten und so den Weg für Neuwahlen freimachen. „Das wäre ein einseitiges Nachgeben, das ich mir nicht vorstellen kann”, lehnte Hünlein umgehend ab. Auch Richter Gruber zeigte sich skeptisch. In so einem Fall werde Schmidt vermutlich von den Mitarbeitern wiedergewählt und damit der bestehende Konflikt nicht gelöst. Schmidt hatte bei der jüngsten Betriebsratswahl die meisten Stimmen in der Belegschaft erhalten - zum Vorsitzenden des Gremiums wurde er indes nicht.
© Mannheimer Morgen, Freitag, 24.08.2012