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Der Alstom-Chor aus Mannheim trat beim Solidaritätskonzert für den bei Nora Systems entlassenen Betriebsrat Helmut Schmitt auf. Bild: Gutschalk
Der Alstom-Chor aus Mannheim trat beim Solidaritätskonzert für den bei Nora Systems entlassenen Betriebsrat Helmut Schmitt auf. Bild: Gutschalk

Weinheim. Aus dem Rolf-Engelbrecht-Haus schallt ein Klassiker: „Skandal im Sperrbezirk”. Soundcheck zu einem Skandal-Konzert ganz anderer Art. „Skandal bei Nora” steht auf den Plakaten und „Solidarität mit Helmut Schmitt”. Schwarzer Grund, grelle Schrift. Helmut Schmitt selbst, der gefeuerte stellvertretende Betriebsratsvorsitzende von Nora Systems, steht vor dem Rolf-Engelbrecht-Haus in der kühlen Abendluft.

Lange bevor es losgeht, haben sich schon 40 Menschen vor der Halle versammelt. Einige seiner früheren Kollegen und Gewerkschaftskollegen anderer Betriebe stehen in losen Gruppen zusammen und diskutieren. In den Gesprächen geht es immer um ein Thema. Und immer muss Schmitt dieselben Fragen beantworten: „Was werfen Sie dir denn vor?” „Bekommen die Mitarbeiter bei Nora Druck?” „Wie geht’s jetzt weiter?” Schmitt antwortet, grüßt, lächelt. „Die Leute erwarten, dass ich wiederkomme”, sagt er. Das Konzert zu seiner Unterstützung gebe ihm unheimlich viel Kraft. „Mir geht’s im Moment wirklich klasse. Es ist enorm positiv, so unterstützt zu werden.”

Das Rolf-Engelbrecht-Haus füllt sich. Draußen im Foyer liegen Plakate aus, es gibt Flyer des Heidelberger Bündnisses gegen Armut und Ausgrenzung und Spendenbüchsen mit dem Konterfei von Helmut Schmitt. Die Konzert-Gäste, etwa 100, sitzen an langen Tischen, die meisten trinken Apfelschorle oder Cola. Es gibt Würstchen mit Brot und Senf auf Papptellern. Und auch als die Plätze längst belegt sind, drängen immer noch Menschen in den Saal.

„Kriminelle Machenschaften”

Wolfgang Alles, Betriebsrat bei Alstom, gibt sich in seinem Grußwort kämpferisch. „Dieser Abend wird ein kleiner Meilenstein gegen die kriminellen Machenschaften und gekauften Betriebsratsmehrheiten bei Nora”, sagt er – ein schwerer Vorwurf, den er da in den Raum stellt, ohne ihn zu belegen. Im Saal brandet dennoch Beifall auf.

Alles ist später wieder auf der Bühne im Einsatz, als der Mannheimer Liedermacher Bernd Köhler und der Alstom-Chor auftreten. „Rebellion im Revier” heißt der erste Song, der mit dem berühmten Zitat beginnt „Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren.” Die Zuhörer singen mit, klatschen mit, lassen sich von der Arbeiter-Rhetorik mitreißen. „Ausgesperrt" heißt das nächste Lied und „Résistance" und zum Mitsingen und Mitklatschen: „Erst waren wir einer und dann viele."

Dann endlich tritt Helmut Schmitt selbst ins Rampenlicht. „Wir müssen gemeinsam dafür kämpfen, dass ich in den Betrieb wieder reinkomme", sagt er. Er hat Bilder mitgebracht, eine Fotoshow auf seinem Computer zusammengestellt, die die Ereignisse vor etwa sechs Jahren Revue passieren lässt, als er und seine Kollegen gegen den Verkauf der Firma an die Konkurrenz demonstrierten. Während er erzählt, nicken viele. Später treten noch weitere Bands und Gruppen auf. Unkraut sind dabei, Almeria Flamenco, Hot Custard und Blandine Bonjour. Die Stimmung bleibt entschlossen. Sie wollen Helmut Schmitt helfen - auch gegen Widerstände. vmr

Weinheimer Nachrichten, Artikel vom: 01.10.2012