Neues Deutschland 19. 2. 2016
Bauhaus-Betriebsräte wehren sich gegen Union-Busting
Die Nummer Zwei der Branche ist nicht nur »Spezialist für Werkstatt, Heim und Garten«, sondern auch für Betriebsratsmobbing. Im März landet eine Kündigung mal wieder vor Gericht.
Freundlichkeit ist Pflicht – aber nicht für die Chefetage. Bild: NDR/Kirsten Waschkau
»Unter hohem Druck und hoher Hitze entstehen nicht nur Diamanten, sondern gute Betriebsräte«, sagt Mehmet Özcan lachend. Er weiß, wovon er redet. Gemeinsam mit einer Handvoll KollegInnen gründete der Fachverkäufer für Sanitär vor fünf Jahren einen Betriebsrat im Bauhaus Witten. Der »Spezialist für Werkstatt, Heim und Garten« – Jahresumsatz rund fünf Milliarden Euro – ist die Nummer Zwei der Branche und unter Gewerkschaftern wegen seines rüden Umgangs mit Beschäftigten berüchtigt. Nur ein Dutzend von 150 Filialen in Deutschland hat einen Betriebsrat.
Der jüngste Fall von Union-Busting, der systematischen Bekämpfung von Gewerkschaften im Betrieb, ist die Filiale in Mannheim-Waldhof. Die Betriebsrätin Stefanie Z. soll ihren Job verlieren, weil sie ihre Krankmeldungen angeblich verspätet abgegeben haben soll. Der Betriebsrat widerspricht. Die Kündigung sei genau so an den Haaren herbeigezogen wie die Abmahnungen mancher Kollegen, die inzwischen ganze Ordner füllen, meint Lars Reichardt, der Vorsitzende des Betriebsrats. Bisher hätte sich die Geschäftsleitung auf den ehemaligen Vorsitzenden eingeschossen. Seit der in Elternzeit ist, seien auch die anderen Mitglieder ins Visier des Arbeitgebers geraten. Gewinnt Bauhaus vor dem Arbeitsgericht, muss der Betriebsrat neu gewählt werden. Die bisherigen Ersatzmitglieder sind auf Druck der Geschäftsleitung alle zurückgetreten.
Ziel der Geschäftsleitung ist offensichtlich die Zerschlagung des Betriebsrats. In Witten sei es ähnlich gelaufen, meint Mehmet Özcan. Im vergangenen Herbst habe ihre Geschäftsleitung die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende vor die Tür setzen wollen. Doch daraus wurde nichts. Bianca D. und ihre KollegInnen wehrten sich erfolgreich. Der Betriebsrat reagierte sofort, informierte die Belegschaft auf einer eilig einberufenen Betriebsversammlung über die Kündigung und lud eine Gastrednerin von „Fair im Betrieb NRW” ein, ein Projekt von Arbeit und Leben NRW und der Günter Wallraff Stiftung. Aus Solidarität mit ihrer Kollegin trugen zahlreiche Beschäftigte Sticker mit der Aufschrift „I love Bianca” und vor etlichen Filialen an Rhein und Ruhr wurden in den folgenden Tagen Flugblätter an Bauhaus-Kunden verteilt. Der Konzern geriet öffentlich unter Druck und nahm die Kündigung zurück. Auch in Hessen scheiterte der Heimwerkermarkt kürzlich damit, die Entlassung eines Betriebsrats gerichtlich durchzusetzen. Zahlreiche Beschäftigte der Filiale im Main Kinzig Kreis hatten sich extra freigenommen und ihrem Betriebsratsvorsitzenden während des Prozesses im Arbeitsgericht den Rücken gestärkt. So erlebten sie live, wie ihr Arbeitgeber in erster Instanz verlor.
In Mannheim entscheidet das Arbeitsgericht im März, ob die Kündigung der Betriebsrätin wirksam wird. „Es ist zu befürchten, dass es nicht bei dieser Repressalie der Geschäftsleitung bleibt”, meint Wolfgang Alles vom Mannheimer Komitee „Solidarität gegen BR-Mobbing!”, das die Waldhofer Bauhaus-Kollegen unterstützt. Sie machten immer wieder die Erfahrung, dass Betriebsräte durch jahrelange Rechtsstreitigkeiten zermürbt werden sollen, um sich dann nicht mehr ausreichend um die Belange der Beschäftigten kümmern zu können. „Die Verhinderung von Betriebsratsgründungen, Einflussnahme auf Betriebsratswahlen und die Kündigungen von Betriebsräten, sind nach Informationen von KollegInnen bei Bauhaus gang und gäbe”, sagt Alles. Bereits 2009 hatten Bauhaus-Manager das Unwort des Jahres geprägt, weil sie Filialen, wo Betriebsräte existierten, als „betriebsratsverseucht” bezeichneten. Die Wahrnehmung von Arbeitnehmerinteressen als Seuche zu bezeichnen, sei ein sprachlicher Tiefpunkt im Umgang mit Beschäftigten, befand die Jury damals. „Es kommt jetzt darauf an, wie die Belegschaft, der Betriebsrat und die Gewerkschaft ver.di reagiert und ob es gelingt, Bauhaus öffentlich unter Druck zu setzen”, sagt Wolfgang Alles. Schließlich steht für die Heimwerker-Kette auch ihr Image auf dem Spiel, wenn sie in der Öffentlichkeit als Spezialist für Bossing und Union-Busting wahrgenommen werde.
Martin Rapp